Massive Kritik an elektronischer Patientenakte (ePA) von Datenschützer, Forschungsexperte und Ärzteschaft Kurz nach der Verkündung von Gesundheitsminister Lauterbach, er „sei schon im Gespräch mit Meta, Open AI und Google“, um den Konzernen die Nutzung der Krankheitsdaten der deutschen Bevölkerung für ihre kommerziellen Zwecke zu ermöglichen, fand Ende November in Berlin der Jahreskongress der Freien Ärzteschaft statt, bei dem ganz andere Töne zu hören waren. Diplominformatiker Prof. Ulrich Kelber äußerte als ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter auf dem Kongress schwere Bedenken gegen die „ePA für alle“ in der jetzt vorgestellten Form. Auf das Gesundheitswesen komme nun eine unvollständig getestete „tiefgrüne Schrumpelbananensoftware“ zu, die in den Praxen reifen solle. Als „bekennender Fan der Digitalisierung“ kritisierte Kelber Sicherheitslücken, veraltete Technikkomponenten, die zentrale Datenspeicherung und die jetzige Opt-Out Regelung. Man bräuchte einen „akuten Behandlungsplan und eine Langzeitbehandlung“ für das TI-Projekt. Allerdings sehe er weder bei der jetzigen und bei möglichen zukünftigen Bundesregierungen, dass ein Umsteuern in die richtige Richtung geplant sei. Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht Mit Blick auf die Sichtweise von Ärzten und Psychotherapeuten referierte Dr. Silke Lüder, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Ärzteschaft, vor allem über neue juristische Fallstricke, weil die „ePA für alle“ die berufsrechtlich und strafrechtlich fixierte Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten unter den Bedingungen der Opt-out-Regelung faktisch abschaffe. In Zukunft, so Lüder, könnten 2 Millionen Mitarbeiter des deutschen Gesundheitswesens durch die neuen Zugriffsregelungen einfach die ganze Krankengeschichte eines Bürgers lesen. „Nur nach dem Einlesen der Versichertenkarte in der Apotheke beim Einlösen eines E-Rezepts kann das ganze Team dort 3 Tage lang alle Arztbriefe lesen! Ein Unding“, so Lüder in Berlin. Profit statt Gesundheits-Benefit im Fokus? Als ausgewiesener Forschungsexperte äußerte sich Prof. Dr. Jürgen Windeler, bis vor Kurzem Leiter des IQWIG (Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen) zur Behauptung der Politik, dass der künftige Datenberg aus den Versorgungsdaten der ePA einen Quantensprung für die medizinische Forschung erzeugen würde. „Bei Entscheidungen in einem Gesundheitssystem geht es in allererster Linie um die Frage, ob diese gesundheitliche Verbesserungen für die Betroffenen bringen. Die Vorteile sind gegen Nachteile (Nebenwirkungen) abzuwägen.“ Das sei mit den Abrechnungsdaten und unsortierten ePA-Daten nicht möglich, so Windeler. Falsche Versprechungen brächten die Gefahr, Prozessverbesserungen zu vernachlässigen. Täuschung von Patienten und Ärzten! Alle Referenten kritisierten scharf die augenblicklich laufende Werbekampagne von Politik und Kassen für Versicherte und Öffentlichkeit. „Die Werbekampagne suggeriert, dass es bei der künftigen Krankheitsdatensammlung nur um die Verbesserung der medizinischen Behandlung gehe. Dabei zeige sich jetzt gerade, dass eher der Verkauf unserer Daten an die Monopolisten Meta, Open AI und Google das vorrangige Ziel sei“, so Lüder in Berlin. Die Allgemeinmedizinerin prangerte zudem an, dass sich Kassenärztliche Bundesvereinigung und Bundesärztekammervorstand völlig unkritisch an der Werbekampagne beteiligten, statt sich aktiv um den Schutz der ärztlichen Schweigepflicht und der grundrechtlich geschützten informationellen Selbstbestimmung der Bürger zu kümmern 02.12.24 |
Norbert Häring: Zusammenfassung von möglichen Problemen der Telematik-Infrastruktur „Nackt in der Gesundheitscloud – Wie unsere Körper und Biodaten zum Rohstoff und zur Ware werden“ link:
Nackt in der Gesundheitscloud – Wie unsere Körper und Biodaten zum Rohstoff und zur Ware werden
Freie Ärzteschaft: ePA für alle – das Risiko trägt der Patient
20.11.2024
Die elektronische Patientenakte (ePA) kommt – Risiken und Nebenwirkungen werden nicht thematisiert. Datenschützer empfehlen: informieren und widersprechen.
Werbekampagne für die ePA, keine ehrliche Information
Derzeit erhalten gesetzlich Krankenversicherte von ihren Krankenkassen Informationsschreiben darüber, dass sie ab 15. Januar 2025 automatisch eine elektronische Patientenakte bekommen – es sei denn, sie widersprechen. „Diese Kurzinformationen“, so Uta Schmitt, Co-Vorsitzende des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e.V. „erfüllt in keiner Weise den gesetzlichen Auftrag der Aufklärung für die Versicherten. Die Krankenkassen werben mit unrealistischen Versprechungen für die ePA, erwähnen die Risiken aber mit keinem Wort.“
Datensicherheit und Privatsphäre sind gefährdet
Die massenhafte zentrale Speicherung von Patientendaten ist ein attraktives Ziel für Hacker und nur schwer gegen unbefugte Zugriffe abzusichern. So wurden Anfang 2024 bei einem Angriff auf einen Dienstleister amerikanischer Krankenversicherungen die Daten von fast einem Drittel der US-Bevölkerung gestohlen und seitdem mehrfach für Erpressungen benutzt.[1] Im deutschen Gesundheitswesen waren es 2024 durchschnittlich eine Datenpanne oder ein Cyberangriff pro Monat.[2]
Doch schon die ePA selbst implementiert den Schutz der Privatsphäre nur ansatzweise: „Wenn Sie sich die Voreinstellungen anschauen, sehen Sie, dass künftig alle 2 Millionen Mitarbeiter im Gesundheitswesen nach bloßem Stecken der Versichertenkarte Zugriff auf die gesamte Akte haben. Künftig kann jede Mitarbeiterin der Apotheke lesen, was in meinem Bericht vom Frauenarzt oder von der Psychologin steht, sobald ich dort ein elektronisches Rezept eingelöst habe“, so Uta Schmitt, „das führt die ärztliche Schweigepflicht ad absurdum“.
Und die Kontrolle durch die Versicherten?
„Selbst auf Ihre Akte zugreifen können Versicherte nur, wenn Sie über ein aktuelles Smartphone mit der ePA-App der Krankenkasse verfügen“, kritisiert Jan Kuhlmann, Jurist und IT-Fachmann aus Hamburg, „und selbst dann ist die Steuerung der Zugriffsrechte auf Dokumente aufwändig und alles andere als intuitiv. Viele Patienten werden daher Schwierigkeiten haben, ihre Akte auch nur einzusehen“.
Problematisch ist laut Datenschützer Kuhlmann auch der Rechtsstatus der ePA: „Da sie nicht vom Arzt geführt wird, genießt sie nicht denselben gesetzlichen Schutz wie eine arztgeführte Patientenakte. Insbesondere unterliegt sie nicht dem Beschlagnahmeverbot.“
Forschung zur Gewinnmaximierung, nicht zum Patientenwohl
Ebenfalls kaum bekannt ist, dass die gesammelten Patientendaten in der ePA für Forschung und weitere wirtschaftliche Zwecke verwertet werden sollen. Die Ausleitung der Daten an ein Forschungsdatenzentrum ist in den Voreinstellungen der Akte standardmäßig erlaubt und soll – sofern die ePA-Inhaber nicht widersprechen – ab 15. Juli 2025 erfolgen.
Allerdings sind als „Nebenprodukt“ ärztlicher Behandlungen entstandene Patientendaten laut Gerd Antes, Experte für evidenzbasierte Medizin, nicht als Ausgangsmaterial für medizinische Studien geeignet, so dass der Nutzen für Forschung und Patienten überschaubar bleiben wird.[3]
Profitieren können hingegen Firmen, die die ePA-Inhalte für datenhungrige Geschäftsmodelle, wie z.B. das Training von KI, verwenden wollen. Hiervon verspricht man sich auf deutscher wie europäischer Ebene eine bessere Konkurrenzfähigkeit gegenüber Unternehmen aus Ländern wie China, die auf Datenschutz oder andere Grund- und Bürgerrechte keine Rücksicht zu nehmen brauchen. „Dafür, dass er die ‚Zweitverwertung‘ der ePA-Daten ermöglicht hat, hat Lauterbach zu Recht der ‚Big Brother Award‘ für Datenkraken gewonnen“, meint Uta Schmitt.
Informieren und dann widersprechen
Weitere Informationen finden Interessierte auf der Website des „Bündnis Widerspruch gegen die ePA“, einem Zusammenschluss aus zahlreichen Patientenverbänden, Datenschutzorganisationen, unabhängigen Ärzteorganisationen, Psychotherapeuten und Bürgerrechtlern. Die Website https://widerspruch-epa.de bietet Antworten zu vielen Fragen rund um die ePA sowie Text-Generatoren für die einfache Erzeugung von Widerspruchsschreiben gegen die ePA oder einzelne Datenverarbeitungsvorgänge.
Kontakt: Jan Kuhlmann, kontakt@patientenrechte-datenschutz.de. Telefon 040 52479 238
Links:
[1] techcrunch.com/2024/10/24/unitedhealth-change-healthcare-hacked-millions-health-records-ransomware/
[2] patientenrechte-datenschutz.de/datenpannen-und-datenlecks-im-gesundheitswesen-in-deutschland-eine-unvollstaendige-uebersicht/
[3] www.derstandard.de/story/2000107328669/mathematiker-gerd-antes-big-data-fuehrt-uns-in-eine-falle
02.10.24
Elektronische Patientenakte? – nein danke!
Widerspruchs-Generator hilft!
Ab Januar 2025 erhalten alle gesetzlichen Krankenversicherten, die nicht widersprechen, automatisch eine zentrale elektronische Patientenakte (ePA). Ärzte und anderes medizinisches Personal sind gesetzlich verpflichtet, die ePA mit den Behandlungsdaten ihrer Patienten zu füllen. Derzeit verschicken die Krankenkassen Informationen, in denen sie die ePA als wichtiges Instrument zur Verbesserung der medizinischen Versorgung bewerben. Die ePA hat jedoch gravierende Schwächen, die nicht nur aus Datenschutzsicht einen Widerspruch notwendig machen, um die äußerst sensiblen personenbezogenen und medizinischen Daten zu schützen.
Hierfür stellt das Bündnis „Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte (ePA)“ einen Widerspruchs-Generator auf der Webseite widerspruch-epa.de/ zur Verfügung. Das Bündnis besteht überwiegend aus Organisationen von Datenschützern, Patienten, Ärzten und Psychotherapeuten.
Großes Werbeversprechen für die „ePA für alle“
„Die übermäßig positive Darstellung durch Krankenkassen und Politik können wir so nicht stehen lassen“ sagt Dr. Simone Connearn vom Bündnis Widerspruch ePA. „Auf unserer Website bieten wir daher neben dem Widerspruchs-Generator auch kritische Aufklärung über die ePA, damit jeder Versicherte eine fundierte Entscheidung über seine medizinischen Daten treffen kann.“
Die ePA erfüllt ihre Versprechungen nicht!
„Die zentrale elektronische Patientenakte kommt mit großen Ankündigungen“, so Dr. Silke Lüder, Ärztin für Allgemeinmedizin. „Rettung im Notfall, bessere Medizin für alle, mehr Zeit für die Behandlung, keine Arzneimittelnebenwirkungen oder Doppeluntersuchungen mehr, das alles hören wir seit 20 Jahren, und nichts hat sich bisher erfüllt. Mit der neuen ePA droht Zeitverlust durch doppelte Datenhaltung, die Schweigepflicht wird faktisch abgeschafft. Auch ist die ePA keineswegs barrierefrei, große Teile der Bevölkerung werden ausgegrenzt: Menschen mit Einschränkungen oder ohne modernes Handy, wenig technikaffine und ältere Menschen werden ihre Daten keineswegs selbst managen können“ kritisiert Lüder.
Widerspruchs-Generator schützt die informationelle Selbstbestimmung
Der Widerspruchs-Generator unterstützt die Versicherten bei den beiden gesetzlich vorgesehenen Widerspruchsmöglichkeiten vor der Einführung der ePA:
- gegen die ePA insgesamt oder
- nur gegen die automatisierte Befüllung der ePA mit den Abrechnungsdaten der Krankenkassen.
Unabhängig von der ePA bietet der Generator eine weitere Widerspruchsmöglichkeit: Krankenkassen dürfen künftig die Abrechnungsdaten der Versicherten für personalisierte Empfehlungen auswerten. Auch hiergegen kann man mithilfe des Generators widersprechen.
Der Widerspruch beeinträchtigt nicht die medizinische Versorgung
Ärzte und Psychotherapeuten speichern weiterhin die notwendigen Informationen in ihren praxisinternen Akten. Die ärztliche Schweigepflicht bleibt so auf jeden Fall gewahrt.
Die Patienten haben jederzeit Anspruch auf die Herausgabe ihrer Akte, hierfür ist keine zentralisierte Speicherung in der ePA notwendig.
Weitere Informationen
widerspruch-epa.de/
Newsletter April 2024
zum Deutschen Ärztetag in Mainz (07.-10.05.2024)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitglieder der Freien Ärzteschaft und Interessierte,
am 7. Mai beginnt der diesjährige Deutsche Ärztetag in Mainz mit einem Grußwort von
Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Wie viele andere Verbände und eine große Zahl der praktisch tätigen Ärzteschaft sind auch wir als Freie Ärzteschaft (FÄ) der Meinung, dass dieser Gesundheitsminister den größtmöglichen Schaden für die Medizin in unserem Land anrichtet und mit seinen über 20 geplanten, in Arbeit befindlichen „Gesetzesinitiativen“ wahrscheinlich auch durchkommen wird.
Gesundheitspolitik: Keine Gnade für die Freiberufler
Wie sich bei der Cannabislegalisierung gezeigt hat, nützen auch alle öffentlichen Stellung-nahmen von Ärztinnen und Ärzten, Justiz und Polizei – selbst aus SPD-Kreisen der Länder – gegen ein „Unsinnsgesetz“ letztlich nichts, wenn sich dann schlussendlich alle Kritiker dem Fraktionszwang unterwerfen und das Gesetz durchkommen lassen. Ähnliches ist beim „Krankenhausreformgesetz“ zu befürchten, mit all seinen negativen Auswirkungen auf den ambulanten Bereich, und auch bei vielen anderen Initiativen aus dem Hause Lauterbach.
Der Minister setzt das um, was Ulla Schmidt (mit Lauterbach seinerzeit im Hintergrund) vor knapp 20 Jahren noch nicht geschafft hat: eine immer weiter ausufernde Schädigung der ambulanten freiberuflichen Medizin der Haus- und Facharztpraxen und eine immer stärkere Unterstützung zentralisierter Strukturen mit angestellten Ärztinnen und Ärzten in renditeorientierten Firmen.
Schweigepflicht adé!
Zu diesem Zweck wird die ärztliche Schweigepflicht mit Hilfe der sogenannten Digitalisierung abgeschafft und der Vertrauensraum zwischen Ärzten und Patienten zerstört. Die gesund-heitspolitischen Vorhaben hebeln zudem die effizienten Strukturen in Arztpraxen immer weiter aus und belasten die Praxen mit Zeit- und Geldfressern wie dem e-Rezept, der eAU und der geplanten elektronischen Patientenakte (ePA).
Datenzwangsfreigabe mit finanziellen Daumenschrauben
Mit der ePA steht allen Praxen ab dem 15.01.2025 die größte Herausforderung noch bevor. Da die geplante ePA so dermaßen schlecht ist in jeder Hinsicht, ist dem Ministerium und der Gematik inzwischen klar geworden, dass man die Hausärztinnen und Hausärzte – die ja der Datensammlungsflaschenhals mit ihren lebenslangen Patientendatenpools sind – künftig zwingen muss, diese Daten für Kassen, Politik und Industrie freizugeben. Dafür soll die EBM-Gebührenordnung so umgestaltet werden, dass das finanzielle Überleben der Hausarztpraxen an die pflichtgemäße Befüllung der zentralen e-Akte geknüpft wird.
Gegeneinander statt miteinander – eine Tragödie in mehreren Akten!
Die Auseinandersetzung um das geplante „Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz“ ist leider aus unserer Sicht ein wahres Trauerspiel der niedergelassenen Ärzteschaft. Die KBV drängt seit Längerem auf eine Entbudgetierung für die Hausärzte im Schnellverfahren wie bei den Kinderärzten, und natürlich auch für die Facharztpraxen. Der Bundesvorstand des Haus-ärztinnen- und Hausärzteverbands lehnt das jedoch öffentlich ab. Er wünscht eine Realisierung der Entbudgetierung nur im Zusammenhang mit der großen Änderung der Gebührenordnung inklusive der Einführung von Jahrespauschalen und Bonuszahlungen für Versicherte, wenn sie an der HZV (= hausarztzentrierte Versorgung) teilnehmen.
Divide et impera („teile und herrsche“), immer das gleiche Spiel – statt sich gemeinsam aufzustellen bei der Kritik an dem schlechtesten Gesundheitsminister aller Zeiten; die politischen Gegner der Praxisärztinnen und -ärzte reiben sich bei diesem ärztlichen Schauspiel die Hände.
Bitte mitmachen: Gemeinsame Protestveranstaltung beim Ärztetag 2024
Am 7. Mai, dem Eröffnungstag des diesjährigen Deutschen Ärztetags in Mainz, soll
ab 9:00 Uhr vor der Rheingoldhalle eine gemeinsame Protestveranstaltung stattfinden, maßgeblich organisiert vom Ärzteverbund MEDI GENO. Wir als Freie Ärzteschaft unterstützen diese Aktion gegen die schlechte Gesundheitspolitik und rufen ausdrücklich zur Teilnahme auf – auch wenn uns bewusst ist, dass diese Veranstaltung wohl ebenfalls nicht in der Lage sein wird, einen Kurswechsel in Berlin zu erreichen. Doch die Chance auf große mediale Aufmerksamkeit sollte nicht ungenutzt verstreichen!
Denn viele Kolleginnen und Kollegen stehen zudem in der nächsten Zeit auch vor der
Situation, bei immer weniger Geld von den Kassen ärztliche Leistungen einzuschränken oder sich aus dem immer schwieriger werdenden Umfeld der KV-Medizin zurückzuziehen. Das schadet der medizinischen Versorgung in Deutschland, ist aber die klare Folge einer destruktiven Berliner Politik.
Informationsmaterial für die Protestveranstaltung auf dem Ärztetag gibt es hier:
www.aerzteproteste.de/deutscher-aerztetag/
Die KBV startet ebenfalls eine Medienkampagne gegen die Gesundheitspolitik:
rettet-die-praxen.de/
Newsletter vom 16.02.24
Freie Ärzteschaft zur elektronischen Patientenakte: Keine Sicherheit, kein Mehrwert – dafür Risiken für Anwender!
Seit 2021 führt die Politik eine elektronische Patientenakte (ePA) für gesetzlich Versicherte ein. Seitdem positioniert sich die Freie Ärzteschaft (FÄ) konsequent und regelmäßig dagegen und findet inzwischen immer mehr Verbündete. Denn bei der ePA würden die Daten nicht mehr in der Verantwortung von Praxen und Kliniken – und unter deren Schweigepflicht – oder in der Hand der Patienten verwaltet, sondern bei IT-Firmen in zentralen Clouds. Nicht einmal ein Prozent der Bürger habe bislang dieses zunächst freiwillige Angebot genutzt, weil auch sie offenbar keinen Benefit sahen.
Auf Druck des Bundesgesundheitsministeriums und zum Wohle kommerzieller Interessen der Gesundheitswirtschaft und der IT-Industrie werde die Freiwilligkeitslösung (aktive Zustimmung, Opt-In) hinsichtlich der elektronischen Patientenakte (ePA) jetzt in eine aktive Widerspruchslösung (Opt-Out) für alle umgewandelt – mit verpflichtender Einführung der Patientenakte ab 2025, kritisiert Wieland Dietrich, 1. Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ).
Kritik an ePA wächst auf allen Seiten
Diese neue „Spezifikation“ bei der neuen „ePA für alle“ stoße inzwischen bei den Leistungsträgerverbänden im Gesundheitswesen auf einmütige Ablehnung, weiß der Essener Dermatologe. In einer ungewöhnlichen gemeinsamen Pressemitteilung wiesen offizielle Vertreter von Ärzten, Apothekern, Zahnärzten und Kliniken kürzlich auf schwere Fehler bei der ePA-Planung hin. Hauptkritikpunkte: Ohne Volltextsuche sei die Handhabung der Akte nicht praktikabel und ohne zentralen Virenscanner seien die Daten nicht sicher. Auch patientenseitig sinke die Akzeptanz immer mehr, so Dietrich weiter: „In neuesten Umfragen sind mehr als die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger nicht davon überzeugt, die Freiwilligkeit bei der Patientenakte durch das „Opt-Out“ faktisch abzuschaffen.“
„Datensicherheit und ärztliche Schweigepflicht sind die Grundlagen unserer ärztlichen Tätigkeit und ein geschützter Vertrauensraum in Praxen und Kliniken ist Voraussetzung für jede Art von Medizin“, betont die FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder. Die Hamburger Allgemeinärztin weiter: „Wenn die Patientinnen und Patienten nicht mehr sicher sein können, dass das, was sie uns in Praxen und Kliniken berichten, vertraulich unter unserer Schweigepflicht bleibt, dann können wir nicht mehr sachgemäß Diagnosen stellen – und schließlich auch nicht mehr richtig behandeln.
„Lauterbach richtet immer mehr Schaden für die Medizin an“
Gesundheitsminister Lauterbach sei von der ärztlichen Tätigkeit so weit entfernt, dass er mit seinen milliardenschweren Planungen immer weiteren Schaden für die Medizin anrichte, kritisiert Lüder. „Er träumt von einer Zukunft, wo automatisch alles aus dem Sprechzimmer in die Cloud abgezogen wird und wo dann eine künstliche Intelligenz sagen soll, wie es weitergeht. Eine absurde Idee, die der Minister aber konsequent verfolgt“. In der Medizin handelten Menschen schließlich für Menschen.
Die neue „ePA für alle“, die ab 2025 Ärzten und Patienten aufgedrückt wird, sei schon jetzt zum Scheitern verurteilt, koste aber Milliarden, ergänzt Wieland Dietrich. Besonders heikel sei auch der Plan der EU-Kommission, in Zukunft die Krankheitsdaten aller EU-Bürger zentralisiert bei großen IT-Firmen speichern zu lassen, unter Schaffung eines neuen „EU-Datenraums“. Ob die Bürger diesbezüglich überhaupt Widerspruchsrechte haben werden, diskutierten derzeit EU-Parlament, -Kommission und -Rat – Ausgang ungewiss.
Freiwilligkeit und Datenschutz als Basis einer guten Arzt-Patienten-Kommunikation
„Die Entwendung persönlicher Krankheitsdaten liegt vor allem im wirtschaftlichen Interesse von Gesundheitswirtschaft und IT-Firmen und die Medizin für die Bürger Europas wird dadurch nicht besser werden!“, so der FÄ-Vorsitzende weiter. Die zahlreichen Hackerangriffe der letzten Monate auf Kliniken und andere kritische Infrastrukturen sprächen eindeutig gegen eine zentrale Massenspeicherung und stattdessen vielmehr für eine dezentrale Sicherung von Gesundheitsdaten. „Solange es nicht vorrangiges Ziel ist, unter Garantie von Freiwilligkeit und Datenschutz die Kommunikation zwischen behandelnden Ärzten und Patienten zu verbessern, raten wir allen Patienten und den Ärztinnen und Ärzten von der Nutzung der neuen EPA ab“, fasst Dietrich zusammen.
Newsletter vom 18.12.23:
Freie Ärzteschaft: Neue Digitalgesetze – Big Tech und Big Pharma auf dem Vormarsch
Neue Gesetze zerstören Schweigepflicht, Datenschutz und Vertrauen
Letzte Woche wurden im Deutschen Bundestag das Digitalgesetz (DigiG) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) beschlossen. Die Krankheitsdaten der Bürger sollen ab 2025 nicht mehr wie bisher im Vertrauensraum zwischen Ärzten und Patienten bleiben und für die gemeinsame Behandlung regelhaft zwischen Behandlern ausgetauscht werden, sondern möglichst automatisiert in der Cloud großer Firmen gespeichert und zu allen möglichen Zwecken an Dritte zur Verfügung gestellt werden.
„Entscheidender Hintergrund der Datensammlung ist eine Standort- und Wirtschaftsförderung von Pharma- und IT- Firmen, für die das „Gold des Jahrhunderts“ die entscheidende Geschäftsgrundlage ist“, so kommentiert Dr. Silke Lüder, Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Ärzteschaft die Gesetzesänderungen heute in Hamburg.
Minister Lauterbach träume in Interviews inzwischen davon, dass jedes Wort aus einer Arztkonsultation automatisch per Spracherkennung in die zentrale Software übertragen wird und anschließend die KI sagt, welche Empfehlungen sie gibt. „Dieser Minister lebt in einer Scheinwelt, die mit der medizinischen Realität nichts zu tun hat. Schweigepflicht, Datenschutz und ärztliches Berufsrecht scheinen für ihn Fremdworte zu sein. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit seiner Tätigkeit ist inzwischen laut „Spiegel“ auf über 60% angestiegen“ kommentiert Lüder.
„Wir als Ärztinnen und Ärzte sind in erster Linie unseren Patienten gegenüber verantwortlich. Nicht der Regierung, nicht den Kassen und nicht den Konzernen gegenüber. Und für unsere Arbeit ist die ärztliche Schweigepflicht eine unabdingbare Grundlage für einen Vertrauensraum, in dem der Patient offen mit uns sprechen kann, ohne dass diese Informationen sofort in der Cloud bei Kassen und Staat landen. Nur dann können wir richtige Diagnosen stellen und die Patienten brauchen keine Angst vor beruflichen Nachteilen oder Diffamierungen haben. Die staatlich angeordnete Befüllungspflicht für die zentralen Daten- Clouds wird jedenfalls von uns entschieden abgelehnt“ stellt die Allgemeinärztin dazu fest.
Parallel plane die Europäische Union einen „Europäischen Datenraum“ namens EHDS, um auch hier die Krankheitsdaten aller EU-Bürger in Clouds zentral zu speichern. Große Berge solcher Krankenakten weckten nicht nur in der Industrie Begehrlichkeiten, sie können auch von Regierungen missbraucht werden. Sie seien auch ein attraktives Ziel für Cyberangriffe aus aller Welt. Das Versprechen, mit einer massenhaften Nutzung von Versorgungsdaten der Forschung zu dienen sei ebenfalls nicht haltbar. Qualitativ hochwertige Forschung hänge immer von standardisierten und kontrollierten Forschungsumgebungen ab. Hier seien bewährte Verfahren und die Zustimmung der Patienten dazu wichtige Voraussetzungen.
„Wir als Ärztinnen und Ärzte nutzen natürlich schon seit vielen Jahren moderne digitale Technik in unseren Praxen. Aber die staatlichen ePA – Planungen würden dazu führen, dass grade im hausärztlichen Bereich die praktische Arbeit zusammenbrechen könnte und keine Zeit mehr für die Behandlung der Patienten zur Verfügung steht“, so die Freie Ärzteschaft dazu. Genau das hätten aktuell auch der Bundesverband der Kinderärzte und Jugendärzte (BVKJ) und viele weiteren Verbände kritisiert, die sich ebenfalls gegen die ePA-Befüllungspflicht wehren werden.
Newsletter des BfDS vom 03.08.23
Die Petition der Allgemeinärztin Simone Connearn „Anlegen der elektronischen Patientenakte nur mit ausdrücklichem Einverständnis der betroffenen BürgerInnen“ hat bis zum Ende der Mitzeichnungsfrist am 27.7.23 mit 58.188 online-Unterschriften (Listen auf Papier sind dabei noch nicht mitgezählt) das Quorum geschafft. Ganz am Ende hat sich eine beeindruckende Dynamik gezeigt und es kamen sehr viele Stimmen hinzu. Gratulation an Frau Connearn und herzlichen Dank allen Unterstützern und Unterstützerinnen!
Petetionstext:
Petition an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages: Petitionsnummer 150309
https://epetitionen.bundestag.de
Der Deutsche Bundestag möge beschließen:
Die elektronische Patientenakte (ePA) darf nur mit ausdrücklichem Einverständnis
der betroffenen BürgerInnen angelegt werden (OPT IN).
Begründung:
Das für dieses Jahr geplante DIGITALGESETZ sieht vor, daß die elektronische
Patientenakte für alle BürgerInnen automatisch ab Geburt auf zentralen Speichern
(Servern) angelegt wird. Personen, die rechtzeitig davon erfahren, können
widersprechen (OPT OUT). Eine solche Widerspruchslösung ist bei der Organspende
vom Bundestag abgelehnt worden. Aber bei intimen, medizinischen Daten soll sie
eingeführt werden? Das ist nicht akzeptabel.
Laut dem geplanten GESUNDHEITSDATENNUTZUNGSGESETZ soll Forschern, wie
auch anderen Nutzern Zugang zu diesen Daten gegeben werden.
Ärztinnen und Ärzte werden verpflichtet, die Akte mit medizinischen Daten zu füllen –
damit wird die Schweigepflicht abgeschafft. Krankheitsdaten gehören zu den
intimsten Informationen über jeden Menschen. Private Gedanken und persönliche
Informationen, die im vertrauensvollen Arztgespräch geäußert werden, gehören
nicht in einen zentralen Speicher. Der IT-Konzern Bitmarck, Dienstleister für 80
Krankenkassen, wurde 2023 bereits zwei Mal Opfer von Hackerangriffen;
Krankheitsdaten wurden im Darknet veröffentlicht.
Zentrale Datenspeicher sind nie sicher – deswegen: keine zentrale Speicherung der
Krankheitsdaten von 80 Millionen Bundesbürgern in einer elektronischen
Patientenakte ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen!
Petentin: Dr. med. Simone Connearn, Eickenbecker Str. 8, 48317 Drensteinfurt Fax: 02538-9412
Die Petition hat bei vielen ein Bewusstsein geschaffen für die geplante opt-out-Regelung und mögliche Risiken bei der ePA. Jetzt warten wir auf die Reaktion der Politik. Frau Connearn wird die Petition vor dem Petitionsausschuss vertreten. Hoffen wir, dass der Termin nicht so lange verschleppt wird, bis das Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz verabschiedet ist.
Hier gibt es nähere Informationen zur Petition. Eine Mitzeichnung ist NICHT mehr möglich und auch nicht erforderlich.
Wer einer Nutzung seiner Gesundheitsdaten widersprechen möchte, muss das seiner Krankenkasse mitteilen. Einen Musterbrief finden Sie hier:
Die Gesundheitsdaten sollen für die Forschung verfügbar gemacht werden, Krankenkassen werden sie verstärkt nutzen dürfen, um ihre Versicherten über eine gesundheitliche Gefährdung zu informieren. Die Daten sollen auch in einen europäischen Gesundheitsdatenraum fließen und kommerziell verwertet werden.
Ärzteverbände und Datenschützer kritisieren, der Gesetzesentwurf für die Gesundheitsdatennutzung würde enttäuschen. Betroffenenrechte seien weithin ungeregelt.
Fragen und Antworten zur elektronischen Patientenakte ePA: Was ist eine ePA? Wann kommt sie? Wie bekomme ich eine? Was wird darin gespeichert? Wer ist für den Datenschutz verantwortlich? Der Artikel beschreibt den Jetzt-Zustand, bei dem der Patient einer Freigabe der Daten zustimmt. Falls das Gesundheitsdatennutzungsgesetz in der geplanten Form kommt, werden die Daten automatisch verwertet, wenn man nicht ausdrücklich widerspricht.
Der CDU-Politiker Rüddel hat die Idee, durch die Vermarktung von Gesundheitsdaten die Krankenkassen-Beiträge zu senken.
https://background.tagesspiegel.de/gesundheit/geringere-beitraege-durch-datenverkauf
https://www.heise.de/hintergrund/Auslegungssache-88-EU-Datengesetze-kontra-Datenschutz-9184892.html
Während die Kassen das Digitalgesetz begrüßen, finden Patientenvertreter die Pläne „absolut unausgegoren“. Die KBV sieht „ganz viel Schatten, aufgehellt durch ganz wenig Licht.“
https://e-health-com.de/details-news/gemischte-reaktionen-auf-gesetzentwuerfe/
Der psychologische Psychotherapeut Andreas Heyer schreibt: „Entgegen der Beteuerungen des Gesundheitsministeriums und der IT-Partner, dass die digitale Infrastruktur sicher sei, sind bereits zahlreiche Datenpannen aufgetreten.“
So landeten kürzlich über 120.000 digitale Krankmeldungen statt bei der AOK in einer Arztpraxis!
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/e-rezept/megapanne-bei-eau-arztpraxis-statt-aok/
Kristina Spöhrer, Sprecherin der Arbeitsgruppe Digitalisierung im Deutschen Hausärzteverband, sieht bei der elektronischen Patientenakte viel Potential, kritisiert aber auch viele Probleme technischer Art.
Künftig vielleicht kein „Fax und kein Zettelkram“ mehr, dafür aber eine Menge technischer Probleme durch die Telematikinfrastruktur (TI): Mittlerweile tritt im Schnitt bei 29 Prozent der Praxen täglich ein Fehler auf, in den hausärztlichen Praxen sogar bei 45 Prozent. Weitere 40 Prozent haben wöchentlich mit Problemen zu kämpfen.
https://www.healthcare-digital.de/schluss-mit-papierkram-a-bca06771896a77653b16bf2b77a36b46/
Nix geht mehr! Immer wieder Totalausfälle bei der Telematik-Infrastruktur:
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/e-rezept/am-wochenende-totalausfall-bei-ti/
Klar ist, dass es teuer wird. Die Umsetzung des Digitalgesetzes kostet fast 1 Milliarde Euro. Ob und wieviel Geld die digitalen Anwendungen einsparen werden, lässt sich dagegen nicht beziffern.
Hier der Link und die Folien zum Vortrag „Digitalisierte Gesundheit – Wunschdenken und Realität“ von Andreas Meißner am 31.5.23
https://www.dr-andreas-meissner.de/oeko-psycho-blog/category/veranstaltungen/
Berufsverband f. Augenärzte Newsletter vom 20.6.23:
KI im Gesundheitsbereich, WHO warnt vor Risiken
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin könnte aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Behandlungsfehlern, Falschinformationen oder Datenmissbrauch führen.
KI sollte erst dann im medizinischen Bereich eingesetzt werden, wenn verlässliche Daten über
den Nutzen der Technologie vorlägen, meint die WHO.
KI-Anwendungen wie ChatGPT können auf riesige Datenmengen zugreifen. Die WHO zeigte sich besorgt, dass die üblichen Vorsichtsmaßnahmen gegenüber neuen Technologien im Fall von KI nicht konsequent umgesetzt würden.
Große sprachbasierte KI-Modelle, erzeugen laut WHO scheinbar professionelle Antworten. „Diese Antworten können aber völlig falsch sein oder schwere Fehler enthalten, besonders wenn es um Gesundheit geht“, warnte die Organisation.
KI-Technologie könnte aus Sicht der WHO auch missbraucht werden, um Desinformation als
seriös wirkende Inhalte zu tarnen. Außerdem befürchtet die WHO, dass KI-Systeme unerlaubt auf sensible Gesundheitsdaten zugreifen.
Außerdem gibt es eine Entwicklung auf europäischer Ebene zu einem europäischen
„Gesundheitsdatenraum“ bei dem Praxen und Kliniken in ganz Europa ihre Arbeitsergebnisse
verpflichtend für jede Art(!?) von Forschung zur Verfügung stellen müssten und die 400 Millionen Bürger Europas kein Widerspruchsrecht gegen diese undemokratische Enteignung ihrer Krankheitsdaten haben sollen.
Offenbar sieht dies eine große Zahl der Ärzte „anders“ und scheint auch nichts dagegen zu haben, sich ohne gerechten Lohn für eigene geistige und diagnostische Arbeit enteignen zu lassen.
Stattdessen scheint man bereit zu sein für Gotteslohn demnächst Analoges in Digitalakten
einzubuchen will und (so) die eigene Kontrollierbarkeit per Telematik auch noch zu unterstützen, d.h. um den Selbstzweck der Digitalisierung Willen oder zum Wohle der KI! Es gibt keine Aussicht auf Gewinnbeteiligung! Guter Forschung mangelt es nicht an Daten, sondern an validierten, guten und brauchbaren Daten.
Die Medien, Politiker und Lobbyisten und manche Patienten wollen uns erklären, dass nur mehr IT, EDV ,Telematikinfrastruktur, Digital 2.0 usw. alle unsere Probleme lösen wird.
Zitat von Dr. Thomas Kriedel, stellv. KBV-Vorsitzender zu seinem Abschied:
„Ich hatte anfangs die Illusion, dass man mit Digitalisierung Prozesse vereinfachen, verschlanken und verbessern kann. Das ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Man müsste an die Sache anders herangehen und sich erst überlegen, welche Prozesse in den Praxen besonders viel Zeit fressen und wie man das mit Hilfe digitaler Lösungen verbessern könnte. Aktuell ist es so dass wir auf eine digitale und technikzentriert konzipierte Anwendung warten um diese dann –koste es was es wolle- in die Praxen zu drücken.“
Hackerangriffe steigen
Cyberattacken bestimmen nach wie vor die Nachrichten. Angriffe auf Unternehmen, Behörden,
Organisationen und sogar Länder sind inzwischen fast an der Tagesordnung. Die Zunahme der
Attacken ist damit allgegenwärtig – und wird nun durch die neueste Studie des IT-
Sicherheitsspezialisten Check Point bestätigt. Check Point Research (CPR) zufolge wurde 2022 ein neuer Höchststand an Cyberangriffen erreicht.
Neben Ministerien und Staaten werden zunehmend auch Krankenkassen und Gesundheitsdienstleister usw. problemlos gehackt.
Wenn aber Bitmarck gehackt wurde, war dies den „Öffentlich-Rechtlichen“ keine Nachricht wert!!
53. Newsletter des Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht (BfDS)
Am 5. März 2023 hat ein Cyberangriff das Hospital Clínic in Barcelona, eines der größten und wichtigsten Krankenhäuser der spanischen Metropole, weitgehend lahmgelegt. Die Regierung vermutet die Hackergruppe „Ransom House“ dahinter und kündigt sofort an, im Falle einer Erpressung „keinen Cent“ zu zahlen. Die Erpressung folgte. Dieser Hack legt ein Dilemma offen: Zwingen Staaten ihre Bürger und Krankenhäuser etc. zur Anbindung digital gespeicherter Patientendaten an das Internet, setzen sie sie dem Risiko von Datendiebstahl und deren Missbrauch aus und setzen sich damit als Regierungen sichtbar ins Unrecht.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/141507/Hacker-legen-Krankenhaus-in-Barcelona-lahm
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/141634/Hacker-erpressen-Katalonien-mit-gestohlenen-Patientenakten
Und während die Hacker den Wert der Vertraulichkeit von Patientendaten so hoch einschätzen, dass sie es wagen, direkt die katalonische Regierung erpressen, lassen die europäischen Regierungen in ihrem Gesetzesentwurf für den EHDS bezüglich des Vertraulichkeitsbedarfs der gesammelten Daten vor allem Gleichgültigkeit erkennen. Hierzu das Positionspapier von „European Digital Rights“ (EDRi):
https://edri.org/wp-content/uploads/2023/03/EHDS-EDRi-position-final.pdf
Eva Wolfangel hat beim ehemaligem IT-Sicherheitsberater von Barack Obama Cybersecurity studiert, schreibt seit vielen Jahren über Cybersecurity, künstliche Intelligenz, virtuelle Realität, Technikethik und verwandte Themen und wurde dafür vielfach ausgezeichnet. Aktuell erschien von ihr in der ZEIT ein exzellenter Artikel mit dem Titel „Wenn alle erfahren, was einem fehlt“:
https://www.zeit.de/2023/13/elektronische-patientenakte-datenschutz-karl-lauterbach
Sowohl Ärzte und Ärztinnen, Bürgerinnen und Bürger und natürlich die Politik werden immer wieder beschworen bezüglich der großartigen Forschungsmöglichkeiten mit „Big Data“, die zur Rechtfertigung des maximalen Datensammelns genannt werden. Hierzu ein wichtiger Artikel von Prof. Meinhard Kieser, Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Ruprecht-Karls Universität Heidelberg. „Big Data in der klinischen Forschung – Vieles ist noch Wunschdenken“. Er stellt differenziert dar, was mit Big Data möglich ist und was nicht und liefert uns damit fundierte Argumente für die anstehenden Diskussionen.
Anonymisierte Daten sind doch eine sichere Sache – oder? Dass auch anonymisierte Daten ohne viel Aufwand wieder einer bestimmten Person zugeordnet werden können, ist zwar inzwischen auch im Liedgut der Spatzen, gelangt aber irgendwie nicht in die Ohren der eHealth-Lobbyisten und ihrer Adressaten. Der angesehene Kryptologe Dominique Schröder hat am 25. April 2022 ein „Sachverständigengutachten zum Schutz medizinischer Daten“ im Auftrag des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages verfasst, das uns bei der Beurteilung von Behauptungen und im Diskurs eine ausgezeichnete Informationsquelle bietet. Er legt darin großen Wert auf Verständlichkeit auch für IT-Laien (schwer ist es dennoch) und erklärt anschaulich die Erfordernisse und Schwierigkeiten von Anonymisierungs- und Pseudonymisierungsverfahren mit dem Resumée in der Zusammenfassung:
„… Erstens wurde bei der Konzipierung der (TI-) Architektur der Stand der Wissenschaft nicht berücksichtigt und bewusst eine leicht angreifbare Architektur ausgewählt. Zweitens gibt es bereits heute genug Alternativen, die zu einer sicheren Realisierung führen würden…“
Missing Link: Die neue digitale Verwundbarkeit des Patienten | heise online
Newsletter Freie Ärzteschaft 06.03.2023
Persönlichste Medizindaten künftig ohne Schutz?
Hamburg/ Essen – Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte dieser Tage einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Medizindaten an: Statt wie bisher unter der ärztlichen Schweigepflicht stehend, sollen künftig die Krankheitsdaten aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ab deren Geburt automatisiert und verpflichtend aus den Praxen heraus in zentralen Datensammlungen gespeichert werden. Um dann künftig dort auf Anfrage jedem, der den Anspruch erhebt, „etwas mit Medizin zu tun zu haben“ für Auswertungen in Deutschland und im von der EU-Kommission geplanten „Europäischen Gesundheitsdatenraum“ EHDS zur Verfügung zu stehen. Unabhängig davon, ob es um Pharmaforschung, Gesundheitspolitik oder Gesundheitswirtschaft geht. Ein staatliches Forschungsdatenzentrum soll über die Freigabe entscheiden. Ziel der EU-Kommission ist zugleich, dass diese Krankheitsdaten künftig auch europaweit angefordert und ausgewertet werden können, im Falle der sogenannten „Forschungsinteressen“ ohne jede Möglichkeit des betroffenen Patienten, zu widersprechen.
„Die gesamte Planung zielt darauf ab, die ärztliche Schweigepflicht aufzuheben, und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Patienten gleich mit“, kritisiert Dr. Silke Lüder, stellvertretende Vorsitzende der Freien Ärzteschaft und Allgemeinärztin in Hamburg, das Vorhaben scharf.
Ärztlicher Vertrauensraum statt Europäischer Datenraum
Der Schutz der Krankheitsdaten im Vertrauensraums von Arztpraxen und Kliniken bleibt aber wie bisher eine wesentliche Grundlage unserer Tätigkeit“ so die Ärztin. „Ohne diesen geschützten Raum können wir weder richtige Diagnosen stellen, noch eine sachgemäße Behandlung durchführen“, erläutert Frau Dr. Lüder. „Wenn sich die Menschen nicht mehr sicher sein können, dass das, was dort gesprochen wird, auch in diesem Raum bleibt, werden sie sich künftig nicht mehr offen äußern oder schlimmstenfalls nicht mehr zum Arzt gehen“.
Unehrlicher Bluff mit der Freiwilligkeit
„Jahrzehntelang wurde versprochen, dass die Einführung einer zentralen Krankheitsakte namens EPA (Elektronische Patientenakte) für die Versicherten freiwillig sei. Nun, da seit 2 Jahren faktisch kein Interesse bei den Bürgern an der Akte feststellbar ist, macht Herr Lauterbach eine Kehrwende um 180 Grad, und will das Ganze verpflichtend machen. Nicht nur für die Patienten, sondern auch für die Ärztinnen und Ärzte“, kritisiert der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Wieland Dietrich. „Dies zeigt die Unehrlichkeit der politischen Argumentation ebenso wie die Stärke der Lobbyinteressen der Gesundheitswirtschaft, die im internationalen Konkurrenzkampf um die Krankheitsdaten mehr verdienen will. Für eine gute Medizin in unserem Land sind aber ganz andere Dinge wichtig,“ ergänzt Dietrich. „Die Diskussion, ob Politiker das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger im Hinblick auf seine intimsten Daten mit einem Federstrich aushebeln dürfen, ist eröffnet!“
Was für gute Medizin wirklich wichtig ist
„Wichtig für eine gute Medizin wären ganz andere Dinge: eine ordentliche Finanzierung der ambulanten Medizin, das Herunterfahren der absurden Bürokratie in den Arztpraxen, genügend Personal in Praxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Stattdessen werden dem Gesundheitswesen seit 20 Jahren Milliarden entzogen, um ein völlig verfehltes Telematik-Projekt zu forcieren, welches bisher ein totaler Flop ist. Und nun auch noch den Datenschutz national und international auszuhebeln, würde weder das Vertrauen in die Politik stärken noch die Medizin verbessern“, ergänzt Dietrich. „Wir werden unseren Einsatz für den Erhalt der ärztlichen Schweigepflicht und die Selbstbestimmung unserer Patienten gemeinsam mit Patientenverbänden und Datenschutzorganisationen künftig verstärken“.
Auszug aus dem 51. Newsletter des BfDS (Bündnis für Datenschutz und Schweigepflicht) vom 26.2.23:
Wirklich „breite Zustimmung“ für die Widerspruchsregelung bei der ePA?
Die Bertelsmannstiftung hat eine „Studie“ in Auftrag gegeben, bei der u.a. die Zustimmung zur opt-out-(Widerspruchs-)Regelung bei 1871 Personen mit Internetanschluss abgefragt wurde. Wenn man nicht nur die Überschriften liest „geplante Widerspruchslösung trifft auf breite Zustimmung“, erfährt man, dass 31% der Befragten sich bei der ePA aktiv abmelden wollen, im Osten sogar 40%. Wer das „breite Zustimmung“ nennt, lehnt sich sehr weit aus dem Fenster. Der Bertelsmann-Konzern ist über sein Tochter-Unternehmen Arvato an der Bereitstellung der technischen Voraussetzungen für die ePA beteiligt .
16.12.22: Beschluss des Bundesrates zur Ausgestaltung eines Gesundheitsdatennutzungsgesetzes – beachten Sie den Stichpunkt 7 auf Seite 5: Ihre Daten werden auch der „Gesundheitswirtschaft“ zur Verfügung stehen:
https://www.bundesrat.de/drs.html?id=597-22%28B%29
Newsletter Freie Ärzteschaft 14.12.2022: Schwachstellen und Sicherheitslücken lange bekannt / Digitalisierung als Selbstzweck Vortrag auf dem Kongress Freier Ärzte 2022 in Berlin von Martin Tschirsich, Datensicherheitsexperte, & Dr. Andre Zilch, Experte für Informationssicherheit und Identitätsmanagement. Die beiden haben zusammen mit weiteren Experten aus dem Umfeld des Chaos Computer Clubs seit Jahren Sicherheitslücken und Schwachstellen aufgedeckt, so zum Beispiel beim der Gesundheitsakte Vivy, bei der Praxissoftware, bei Corona APPs, bei Impf-APPs, bei Doctolib und bei Videoident-Systemen. Bei der elektronischen AU würden überflüssigerweise zeitaufwändige digitale Signaturen verlangt, während andererseits sichere digitale Identitäten zur Wahrung der Integrität von neuen Verfahren nicht eingeführt werden würden. „Die digitale Vernetzung des Gesundheitswesens verspricht Nutzen und bedroht dennoch Gesundheitsdaten und Versorgungsprozesse in ihren Grundwerten. Zur Sicherstellung von Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit zeigt die Telematikinfrastruktur gute Ansätze, ist in der Umsetzung jedoch durch zahlreiche Fehler belastet.“ Die beiden Experten führten als Beispiel für eine völlig falsche Planung die Einführung der e -AU an: „Der Fokus liegt auf der Übertragung eines Formulars „AU“ mit Unterschrift in die digitale Welt, ohne aber den rechtlichen Rahmen und die Verarbeitung bei Krankenkassen zu berücksichtigen. Die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit stellt eine Tatsachenmitteilung der Versicherten an die Krankenkassen dar, die mündlich, schriftlich, telefonisch oder auf elektronischem Wege erfolgen kann. Eine qualifizierte elektronische Signatur durch den Arzt ist, Stand heute, auch aufgrund der aktuellen Abläufe bei Krankenkassen nicht notwendig. Darüber hinaus weisen die vorgegebenen Abläufe der elektronischen AU zahlreiche Unzulänglichkeiten auf, die im Ärztealltag hinderlich sind und keinen Sicherheitsgewinn bieten.“ Pressemitteilung vom 09.11.2022 Freie Ärzteschaft zur geplanten Elektronischen Patientenakte (EPA): „Ist die ärztliche Schweigepflicht für den Gesundheitsminister nur noch ein störendes Auslaufmodell?“ Hamburg/Essen – Diese Woche wurde in Berlin ein völliger Paradigmenwechsel in Bezug auf die zentrale Speicherung und Nutzung der sensiblen Krankheitsdaten nahezu der gesamten Bevölkerung beschlossen. Das Bundesgesundheitsministerium erteilt der Gematik den Auftrag, ein EPA-Konzept zu entwickeln, welches im scharfen Kontrast zur bisherigen Planung steht. War bisher geplant, die patientengeführte EPA auf freiwilliger Basis für die Bürger bereitzustellen, soll nun die Freiwilligkeit abgeschafft werden zugunsten einer völlig automatisierten Speicherung aller Arztbriefe. Die Patientendaten sollen zudem automatisch allen möglichen Medizinbereichsteilnehmern und auch einem Forschungsdatenzentrum zugänglich sein. Man soll sich nur noch durch eine dezidierte Ablehnung davor schützen können. Milliardengrab für Versichertenbeiträge „Dieser Paradigmenwechsel bedeutet faktisch die Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht, die seit 2000 Jahren weltweit durch den Eid des Hippokrates festgelegt wurde und auch heute noch weltweit die Grundlage ärztlicher Tätigkeit ist“, sagt Dr. Silke Lüder, stellvertretende Vorsitzende der Freien Ärzteschaft und niedergelassene Ärztin in Hamburg. „Dieser Paradigmenwechsel ist die Reaktion auf das bisherige völlige Scheitern aller Anwendungen der Telematik-Infrastruktur, sei es das e-Rezept, die E-Au , der e-Notfalldatensatz oder die elektronische Patientenakte“, so Lüder. „Seit 20 Jahren unter der aktiven Beteiligung des heutigen Gesundheitsministers, der Krankenkassen und der interessierten Industrie geplant, aber ohne echte Beteiligung der betroffenen Ärzte und Patienten, hat sich das ganze Projekt in ein Milliardengrab für Versichertenbeiträge verwandelt.“ Kürzlich hat der Chaos Computer Club nachgewiesen, dass die EPA in Deutschland auch ohne größere Computerfähigkeiten zu hacken sei. Gleichzeitig werden 400 Millionen Euro Versichertengelder für einen völlig unnötigen Konnektoren-Tausch verschwendet. „Statt endlich die Reißleine zu ziehen und sinnvolle, sichere und praktikable Lösungen für die Medizin zu entwickeln, versucht man jetzt den Datenschutz zu schleifen und damit auch gleich die ärztliche Schweigepflicht abzuschaffen“, sagt Lüder. „Opt-out“ Lösung: datenschutzpolitisch falsch Der Bundesdatenschützer hat die neue „Opt-out“ Lösung schon völlig zurecht für „datenschutzpolitisch falsch“ erklärt. „Wir sehen gerade wieder in Australien, was das Hacking von Krankheitsdaten für die betroffenen Bürger bedeutet“ sagt Wieland Dietrich, Bundesvorsitzender der Freien Ärzteschaft und niedergelassener Arzt in Essen. „Nach einem Datenschutzskandal für zentrale gespeicherte E-Akten in Finnland hat es bei den betroffenen sogar Suizide gegeben. Dort sind nach jüngster Mitteilung über 9 Millionen Gesundheitsdatensätze gehackt und im Darknet veröffentlich worden, obwohl das zuständige Unternehmen nach Angaben der Regierung ‚alles richtig gemacht“ hätte. Wir sehen also, dass der Schutz der ärztlichen Schweigepflicht gerade heutzutage unter den Bedingungen von Social Media immer wichtiger geworden ist. Und wir als Freie Ärzteschaft werden unsere Kritik an ihrer Abschaffung weiterhin konsequent aufrechterhalten. Zum Schutz der Patienten und unserer ärztlichen Tätigkeit“, so Dietrich. Weitere aktuelle Themen: Kongress der Freien Ärzteschaft Anfang Dezember in Berlin Am Samstag, den 3. Dezember 2022, findet in Berlin im Tagungszentrum der Katholischen Akademie der Jahreskongress der Freien Ärzteschaft statt. Interessenten sind herzlich eingeladen. Themen der Vorträge und Diskussionsrunden werden neben der Elektronischen Patientenakte (EPA) auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die Telematikinfrastruktur und die ärztliche Schweigepflicht sein. Weitere Infos unter: www.freie-aerzteschaft.de Pressemitteilung vom 30. Mai 2022: Deutscher Ärztetag fordert Stopp des Roll-outs von e-Rezept und e-AU, Beschränkung von Investoren-MVZs und setzt sich für einen Gebühren-Ausgleich bei der GOÄ ein Der 126. Deutsche Ärztetag 2022 hat ein klares Signal an Bundesminister Lauterbach in der Telematik-Frage gesendet. In vielen Beschlüssen fordert er Ministerium und Gematik auf, die Serien von Pleiten, Pech und Pannen zu beenden und die kommenden Anwendungen e-Rezept und e-Au erst einzuführen, wenn es aussagekräftige, erfolgreich abgeschlossene Feldtests gäbe. „Der Minister selbst hat zugegeben, dass e-Rezept und e-Au in der vorliegenden Form keinen Fortschritt darstellen“, so Dr. Silke Lüder auf dem Ärztetag in Bremen. Aber statt jetzt die Reißleine zu ziehen, lässt er seine Unterbehörde Gematik einfach weiter machen, zum Schaden von Praxen und Patienten, so Lüder. Gemäß Koalitionsvertrag will Lauterbach jetzt die lange versprochene Freiwilligkeit der zentralen Datenspeicherung für Patienten bei der elektronischen Patientenakte abschaffen. Jeder Versicherte bekommt dann von an Geburt automatisch diese zentrale Akte in der Cloud und kann sich nur durch aktiven Widerspruch daraus befreien, eine „Zeitenwende“, die nicht nur vom Bundesdatenschützer kritisch gesehen wird. Dabei ist die ePA in der bisher vorgestellten Form für Ärztinnen und Ärzte und auch für vor allem ältere Patienten völlig unbrauchbar, so Lüder auf dem Ärztetag in Bremen. „Auf einen Antrag aus unseren Reihen beschloss das Ärztetags-Plenum in Bremen allerdings, dass die rechtliche Zulässigkeit des sogenannten Opt-Out-Verfahrens bei der elektronischen Patientenakte insbesondere im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung unter Hinzuziehung beispielsweise des Bundesdatenschutzbeauftragten umgesetzt werden muss. Dieser hatte schon im Jahr 2021 geäußert, dass ein solches Opt-Out-Verfahren in der Datenschutzgrundverordnung grundsätzlich nicht angelegt sei. „Uns geht es hier gar nicht um einen abstrakten Datenschutz“, so Lüder in Bremen. „Es geht um einen negativen Paradigmenwechsel, der die Freiwilligkeit für Patienten, die ärztliche Schweigepflicht und die informationelle Selbstbestimmung aushebelt und die Krankheitsdaten künftig zur Handelsware verkommen lässt.“ Der Ärztetag in Bremen hat sich außerdem klar gegen ein weiteres Aufkaufen von bisher freiberuflichen Arztpraxen durch private-equity-Investorengruppen ausgesprochen – in seltener Einigkeit von Klinik und Praxisvertretern. „Nun hoffen wir“, so Wieland Dietrich, „dass diesen Beschlüssen auch politische Taten in Berlin folgen“. Außerdem ging es in Bremen darum, wie man als Ärzteschaft auf die Ankündigung Lauterbachs, die GOÄ Novellierung in dieser Legislaturperiode nicht umzusetzen, reagieren kann. „Hier beschloss das Ärztetags- Plenum“, so Dietrich, „dass die Bundesärztekammer ab dem Stichtag 31.12.2022 als Ultimatum verpflichtet wird, die Ärzteschaft zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) über die rechtskonforme Möglichkeit der Anwendung besonderer Honorarvereinbarungen (sog. Abdingung) mit höheren Steigerungsfaktoren vor allem für Gesprächs, Untersuchungsleistungen und andere zuwendungsintensiven Arztleistungen nachhaltig zu informieren.“ Auch die Landesärztekammern sollten sich an der Aufklärung darüber dann beteiligen, so der Beschluss des Deutschen Ärztetages in Bremen. Pressemitteilung der Freien Ärzteschaft vom 23. Mai 2022: Arztpraxen sind nicht die Beta–Tester für ein gescheitertes Digitalisierungsprojekt ! Wenn am 24. Mai der 126. Deutsche Ärztetag (DÄT) in Bremen beginnt, wird sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einer nachgerade frustrierten Ärzteschaft gegenübersehen. Denn nach zwei Jahren Stress und Belastung durch die Coronapandemie soll die Einführung der umstrittenen Telematikinfrastruktur (TI) nun in die heiße Phase gehen. Nach dem Willen des Ministers und des mit der Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen beauftragten Unternehmens Gematik sollen mehrere Anwendungen nach langen Verschiebungen ins Rollen kommen: die elektronische Patientenakte (ePA), das elektronische Rezept (eRezept) und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Hinzu kommt der Austausch der Konnektoren in den Arztpraxen und die Anwendung der KIM-Dienste. Eine Panne jagt die nächste Allerdings jagt eine Panne die nächste, wie sich in der jüngsten Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zeigt. Die Infrastruktur fällt ständig aus, die KIM-Anbindungen laufen nicht, Kartenlesegeräte stürzen ab und legen die Praxen lahm. Der IT-Support ist mangelhaft, einzelne Dienstleister raten ihren Kunden gar, das Ganze wieder abzustöpseln. „Das ist eine einzige Serie aus Pleiten, Pech und Pannen“, sagt Dr. Silke Lüder, niedergelassene Allgemeinärztin aus Hamburg und Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ). Jede neu eingeführte Anwendung führe zu Doppelarbeit, Verlust an Zuwendungszeit für die Patienten und erhöhtem Papierverbrauch in den Praxen. „Das wiederum ist die Folge davon, dass die Gematik nicht in der Lage war, die Massenanwendungen zunächst in bundesweiten Feldtests zu prüfen, bevor sie den Praxen übergestülpt werden“, so Lüder. „Diese Probleme sind dem Gesundheitsminister alle bekannt, wie er kürzlich in einer Onlineveranstaltung selbst bekannte. Auch er ist der Meinung, dass weder e -Rezept noch e-AU bisher irgendeine Verbesserung für die Arztpraxen mit sich bringen. Doch selbst diese Erkenntnis hält das Drama nicht auf. Die Gematik und die interessierten Lobbyisten pushen das Projekt einfach weiter.“ Verstoß gegen informationelle Selbstbestimmung der Patienten Weil die Sicherheitszertifikate nach fünf Jahren ab dem Jahr 2022 auslaufen, müssen alle Konnektoren in Praxen und Kliniken für hunderte Millionen Euro ausgetauscht werden, „von Extrakosten, und Arbeitszeitverlusten ganz zu schweigen“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Montag in Bremen. Allein der Austausch von 63.000 Konnektoren der größten Softwarefirma soll 147 Millionen Euro kosten. „Wer ist eigentlich dafür verantwortlich?“. Für Dietrich kommen die Gegebenheiten einer Veruntreuung von Versichertengeldern gleich. Er beklagt, dass das Gesundheitswesen schon lange zur Cash Cow für die Firmen mutiert. „Anstatt endlich die Reißleine zu ziehen, propagiert Lauterbach jetzt die schnelle Einführung der ePA. Für diese Anwendung interessieren sich bislang so wenige Patienten, dass es zur Rettung des Projektes der Festlegung im Koalitionsvertrag bedarf, wonach es eine verpflichtende ePA ab der Geburt geben soll. Das hat mit der lange versprochenen Freiwilligkeit der ePA für die Versicherten nichts mehr zu tun, verstößt offen gegen die informationelle Selbstbestimmung der Patienten und wird letztlich nur der Industrie als Datenpool dienen“, so Dietrich weiter. Stopp an Politik und Gematik nötig Laut Freier Ärzteschaft sind die Delegierten des Deutschen Ärztetages aufgerufen, ein klares Stopp an Politik und Gematik zu senden. „Die ärztliche Schweigepflicht ist nicht verhandelbar und die Krankheitsdaten unserer Patienten sind keine Handelsware“, betont Silke Lüder. „Für die elektronische Patientenakte muss unverändert ein ,Opt-In‘ gelten. Zudem müssen alle Sanktionen bei Nichtanschluss an die TI wegfallen“. Pressemitteilung der Freien Ärzteschaft vom 18. März 2022 Operation Elektroschrott: Nächste Stufe im Pleitensystem Telematikinfrastruktur ist erreicht Die Pleiten-Serie in der Telematikinfrastruktur (TI) reißt nicht ab. Einst als Datenautobahn für das Gesundheitswesen gepriesen, steht ein Projekt nach dem anderen im Stau. Nach dem jüngsten Kommunikationschaos zwischen Gesundheitsminister Lauterbach und der mit der Umsetzung der Digitalisierung beauftragten Gematik-GmbH zur Zukunft von elektronischem Rezept und elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung folgt nun die nächste Hiobsbotschaft: Ab Sommer 2022 müssen in Arzt- und Psychotherapiepraxen, Apotheken und Kliniken alle Konnektoren ausgetauscht werden, deren Sicherheitszertifikate nach fünf Jahren abgelaufen sind. Die Sicherheitszertifikate sind in den SMC-Karten in den Konnektoren meist so verbaut, dass nur der ganze Konnektor ausgetauscht werden kann. „Mit Millionenkosten im dreistelligen Bereich wird gerechnet“, sagte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ) und Allgemeinärztin in Hamburg, am Freitag, und fragt sich, wer diesen neuerlichen Skandal bezahlt. Zudem gebe es weitere Fragen: Wird es genug Chips geben, wenn auf dem Weltmarkt Chipmangel herrscht? Was passiert mit dem Berg an Elektroschrott, der kostenpflichtig entsorgt werden muss? Stehen genügend Dienstleister vor Ort zur Verfügung, die den Austausch vornehmen? Und wer bezahlt das? „Das ist offenbar alles unklar“, moniert Lüder. Damit gehe die ungeheure Verschwendung von Versicherten- und Praxisgeldern weiter. „Nach ständigen Computerabstürzen in unseren Praxen durch fehlerhafte neue Krankenkassenkarten mit NFC Chips, ständigen Ausfällen der Infrastruktur und dem andauernden Chaos um eRezept und eAU, ist das eine erneute Zumutung für Ärzte, Psychotherapeuten, Kliniken und Apotheken“, so Lüder. Laut FÄ-Vorsitzendem Wieland Dietrich zeigt sich einmal mehr, dass das Gesamtkonzept von Anfang an fehlerhaft und unausgereift war. „Wir fragen uns, wann endlich ein Schlussstrich unter dieses Pleitenprojekt gezogen wird. Notwendig wäre ein sofortiges Moratorium, um eine weitere Belastung des Medizinbetriebes während der Coronakrise und der nun beginnenden Flüchtlingsversorgung zu vermeiden“, so Dietrich am Freitag in Essen. „Wir fordern Gesundheitsminister Lauterbach auf, sich hier verantwortlich zu zeigen und das Projekt so lange auf Eis zu legen, bis alle Probleme sinnvoll beseitigt sind.“ Pressemitteilung vom 16. März 2022 Wer entscheidet in Berlin? Der Gesundheitsminister oder die IT-Lobby? Es kommt einem vor wie ein Stück aus dem Tollhaus: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rudert Anfang März in Sachen Umsetzung des elektronischen Rezepts und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung öffentlich zurück. Doch die für die Umsetzung zuständige Betreibergesellschaft Gematik erklärt kurz darauf das Gegenteil. Der Rollout von e-Rezept und eAU werde wie geplant weiter gehen. Die Freie Ärzteschaft ist fassungslos. „Wir fragen uns, wer eigentlich in Berlin regiert“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich am Dienstag in Essen. „Denn wir begrüßen die geäußerte Einschätzung von Lauterbach. Endlich wurde einmal zugegeben, dass diese Massenanwendungen in der Medizin auf keinen Fall so ausgerollt werden können.“ Kritische Ärzte und Psychotherapeuten, aber auch viele Gremien „haben diese Meinung seit Langem vertreten, sie wurden aber nicht gehört“, so Dietrich. Umso unverständlicher ist die Kehrtwende zur Kehrtwende. Es sei ein echtes Trauerspiel, „wenn jetzt offensichtlich die IT- und Technokraten-Lobby in Berlin entscheidet, ein gescheitertes Projekt mit allen Druckmitteln einzuführen – selbst gegen die öffentliche negative Beurteilung durch den Gesundheitsminister“. Leidtragende seien wie immer Kassenärzte- und Psychotherapeuten und ihre Patienten. Die FÄ bleibt bei ihrer Einschätzung: Weder das eRezept noch die eAU sind Verbesserungen in der Medizin. „Sie werden das auch nicht sein, wenn die rudimentären Tests durchgeführt worden sind. Denn das eRezept verhindert schon jetzt den bisher effizienten Work-Flow in den Praxen und führt künftig dazu, dass große Konzerne Parallelstrukturen im Gesundheitswesen aufbauen können“, moniert Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der FÄ und niedergelassene Allgemeinärztin in Hamburg. „Auch die eAU bedeutet zeitraubende Doppelarbeit für die Arztpraxen. Außerdem verbirgt sich dahinter ein hyperkomplexer Prozess, der in Zukunft auch die vier Millionen Arbeitgeber mit bürokratischen Zusatztätigkeiten belasten wird. Die Planungen sollten deshalb sofort auf Eis gelegt werden“, erklärte Lüder am Dienstag in Hamburg. Zum Hintergrund: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte in einem öffentlichen Gespräch mit dem Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am 3. März 2022, er habe die Einführung von eRezept und eAU gestoppt. Was noch nicht 100-prozentig ausgereift sei, könne nicht in die Fläche gebracht werden, sagte er in der Veranstaltung. Er wies auf die hohe Fehleranfälligkeit hin, auch sei der Nutzen nicht klar. Zugleich kündigte Lauterbach eine Strategiebewertung in seinem Ministerium an. Digitale Anwendungen müssen demnach „einen spürbaren Nutzen für Arzt und Patienten haben“. Kurze Zeit später teilte der Chef der Gematik, Markus Leyck Dieken über Twitter mit, dass der Rollout von eRezept und eAU auf keinen Fall gestoppt würde. Pressemitteilung der Freien Ärzteschaft vom 1. März 2022 Freie Ärzteschaft: Verantwortungsloses Ping-Pong Spiel zu Lasten von Ärzten und Patienten in der Telematik-Infrastruktur Erneut haben Datensicherheitsexperten laut einer Veröffentlichung der Computerzeitung „c`t“ einen eklatanten Verstoß gegen den Patientendatenschutz aufgedeckt. Die Verbindungsgeräte, die Arztpraxen, Apotheken und Kliniken an die Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen anschließen, die sogenannten Konnektoren, speichern entgegen aller Versprechungen auch patientensensible Daten. „Dieser Verstoß ist nicht hinnehmbar“, sagt Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft. „Denn man könnte auf diesem Weg feststellen, wann Frau X bei welchem Psychiater gewesen ist, oder wann sich der Prominente Y hilfesuchend an das nächste AIDS-Zentrum gewandt hat. Das darf so nicht sein.“ Hinzu kommt, dass Ärzten die Verantwortung für die Datensicherheit zugeschoben wird. FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich moniert, „dass uns Arztpraxen jahrelang von allen Seiten erzählt worden ist, die Verantwortung des Arztes in dieser zentralen Infrastruktur endet am Konnektor. Nun also, nachdem die Praxen unter Androhung von Strafzahlungen gezwungen worden sind, sich an diese Konnektoren anzuschließen, stellt sich heraus, dass das offenbar alles eine große Lüge gewesen ist.“ Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte als Reaktion auf die mediale Veröffentlichung zum Datenschutzverstoß erklärt, dass die Verantwortung bei den Arztpraxen läge. „Wir empfinden das als staatlich induzierte Erpressung“, sagte Silke Lüder, Allgemeinärztin in Hamburg am Montag. „Zuerst zwingt man Ärzte und Psychotherapeuten, sich an eine unsichere Infrastruktur anzuschließen, die durch eine staatliche Institution namens Gematik verwaltet wird. Dann wird uns plötzlich die datenschutzrechtliche Verantwortung für zentrale Geräte zugeschoben, deren Funktionsweise wir in keiner Weise beeinflussen können.“ Gesundheitspolitiker, allen voran Minister Karl Lauterbach, müssten sich nicht darüber wundern, „dass immer mehr Arztpraxen wegen dieser Zwickmühle vorzeitig aus der Praxisarbeit ausscheiden“. Es reiche schon, so Lüder weiter, „dass das elektronische Rezept, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die elektronische Patientenakte als unausgegorene Anwendungen der TI uns in unserem Arbeitsalltag massiv behindern. Nun sehen wir noch ein absolut unwürdiges Ping-Pong Spiel der Verantwortlichkeiten zwischen Staat, Gematik und Herstellerfirmen.“ Man sollte endlich von diesem toten Pferd absteigen und es ordentlich begraben. „Wenn es an einem neuen Flugplatz so viele Fehler gibt, dass kein Flugzeug sicher landen kann, dann wird der Eröffnungstermin so lange verschoben, bis alles reibungslos funktioniert. Aber in der Medizin meinen die Verantwortlichen in Politik, Industrie und Krankenkassen, man könne den ärztlichen Leistungsträgern in den Praxen alles aufzwingen, egal, ob es sinnvoll ist oder nicht. Damit muss jetzt endlich Schluss sein.“ Pressemitteilung vom 16. Februar 2022 Douglas steigt in den Medizinmarkt ein: Die bitteren Folgen der staatlichen e-Rezept Politik Die Parfümeriekette Douglas hat das lukrative Apothekengeschäft entdeckt: Durch den Kauf eines holländischen Versandhändlers kann das Unternehmen in den Online-Medikamentenmarkt einsteigen. „Wie schon andere Mitbewerber warten alle darauf, dass sich in Deutschland das elektronische Rezept für Kassenrezepte durchsetzt, ermöglicht durch in Berlin beschlossene Gesetze“, kommentiert die Vize-Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Dr. Silke Lüder, die aktuelle Entwicklung. Verbunden mit immer neuen Wegen für telemedizinische Konsultationen bei fremden Patienten lockt hier offenbar ein großes Renditepotential. Die Freie Ärzteschaft befürchtet vor diesem Hintergrund nach wie vor, dass das geplante E-Rezept zum Türöffner für die Übernahme des ambulanten Medizinbetriebes durch Großkonzerne wird. „Da fast allen Patienten künftig ein großformatiger Papierausdruck mit einem QR Code mitgegeben wird – zusätzlich zur online Weiterleitung des Rezeptes an den zentralen Server – können die Kassenrezepte direkt über eine App an ausländische Versandapotheken weitergeleitet werden. Diese verweisen teilweise gleich direkt auf Telemedizinfirmen.“ Immerhin ist diese Art der Werbung vom Bundesgerichtshof kürzlich als illegal bewertet worden (BGH-Urteil vom 9. Dezember 2021 – I ZR 146/20 – Werbung für Fernbehandlung). „Der BGH hat festgestellt, dass die beworbenen Fernbehandlungen dem ,allgemein anerkannten Standard medizinischer Behandlungen in Deutschland nicht entsprechen‘, weil dieser Standard voraussetzt, dass der Arzt den Patienten sehen und hören – und etwa durch Abtasten, Abklopfen oder Abhören oder mit medizinisch-technischen Hilfsmitteln wie Ultraschall – untersuchen kann. Das erfordert die physische Präsenz von Arzt und Patient und ist im Rahmen einer Videosprechstunde nicht möglich“, erklärt FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. Das höchstrichterliche Urteil ist laut Dietrich zwar „ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die aus der Medizin ein einziges großes lukratives Geschäftsfeld mit niedriger Qualität machen wollen. Ob die Entscheidung des BGH aber in Berlin jemanden kümmert, darf bezweifelt werden.“ Für Allgemeinärztin Lüder ist es fraglich, wie sinnvoll es ist, die medizinische Versorgung in einen kapitalträchtigen Markt zu verwandeln und damit die vorhandene Medizinqualität drastisch zu senken. „Telemedizin ist keine Medizin, sondern allenfalls eine Konsultation auf Entfernung über mehr oder weniger schlechte Internetverbindungen. Medizinische Behandlung bedeutet Handeln, beinhaltet den direkten Kontakt, die körperliche Untersuchung und die persönliche Interaktion zwischen Patient und Arzt in einem durch die Schweigepflicht geschützten Vertrauensraum“, sagte Lüder am Mittwoch in Hamburg. „Als Ärzteverband, dem es um die Wahrung der Basics unseres Berufes geht, werden wir uns auch in Zukunft für die Verteidigung der Qualität der Medizin einsetzen“, heißt es folglich seitens der FÄ. „Bisher ist die Einführung des elektronischen Rezeptes über die Telematikinfrastruktur komplett gescheitert. Uns als Ärztinnen und Ärzten von oben aufgezwungen, funktioniert genau wie bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, in diesem staatlichen Modell bisher einfach gar nichts“, so Lüder. Dennoch würden hunderte Millionen Euro weiter verschwendet und Arztpraxen mitten in der Coronakrise mit Investitionen in eine Technik belastet, die die täglichen Arbeitsabläufe in den Praxen teilweise verunmöglichen, so wie es aktuell von der KV Bayerns im Petitionsausschuss des Bundestages dargestellt worden ist. „Die vorliegenden Pläne zum E-Rezept müssen daher beerdigt werden“, fordert die Freie Ärzteschaft. Pressemitteilung vom 29.11.2021 Die geplante elektronische Patientenakte führt in die Sackgasse Die Freie Ärzteschaft fordert von den Ampelkoalitionären die Rücknahme der geplanten und schon jetzt viel kritisierten „Opt out“-Option bei der elektronischen Patientenakte (ePA). Die ePA soll im kommenden Jahr an den Start gehen und nach Meinung der Ampel automatisch für alle gesetzlich Versicherten von Geburt an verpflichtend als lebenslange Krankenakte angelegt werden, sofern dem nicht aktiv widersprochen wird („Opt out“). Damit gäbe es einen Paradigmenwechsel gegenüber der bisherigen Gesetzeslage. Die Pläne sind vergleichbar mit der letztlich gescheiterten Idee einer Widerspruchslösung bei der Organspende aus dem Jahr 2020, wonach jeder Bundesbürger zunächst automatisch Organspender geworden wäre und später hätte widersprechen müssen. „Auch bei der elektronischen Patientenakte können wir uns dieses Prozedere überhaupt nicht leisten“, sagt Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft und niedergelassene Allgemeinmedizinerin in Hamburg. Unabhängig von der geplanten „Opt out“-Regelung sei die ePA nach wie vor völlig unausgereift und nicht mehr als eine unsortierte Sammlung von Dokumenten, die für Ärzte kaum nutzbar ist. „Von einer Verbesserung der Versorgung durch digitale Anwendungen kann nicht die Rede sein“, sagt Lüder. „Die Politik sollte einsehen, dass der geplante Weg in eine Sackgasse führt. Denn so wird es zu Chaos in den Arztpraxen bis hin zum Zusammenbruch der ambulanten Versorgung kommen. Wir wollen Patientinnen und Patienten behandeln und die Zeit nicht damit verbringen, eine zentral gespeicherte elektronische Akte, die diesen Namen nicht verdient, nach allen möglichen Befunden zu durchsuchen und zu bearbeiten.“ Beim Kongress der Freien Ärzteschaft, der kürzlich in Berlin stattfand, referierte unter anderem Dirk Wachendorf, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, über „Juristische Risiken für Ärztinnen und Ärzte durch die Nutzung der elektronischen Patientenakte“. Laut Wachendorf können Patienten ihre ePA selbst inhaltlich befüllen, soweit dies nicht durch den Arzt erfolgt, und auch Inhalte löschen. Zudem kann der Patient dem Arzt ganz oder nur teilweise Zugriff auf die elektronische Patientenakte geben. Die Ärzte könnten deshalb prinzipiell nicht von einer medizinisch vollständigen Akte ausgehen. Eine unvollständige Sichtung der ePA impliziere einen Befunderhebungsfehler, dieser führe schnell zu einer Beweislastumkehr, Haftung und Verantwortlichkeiten des Arztes würden durch die ePA ausgeweitet. „Uns Ärzte sollte diese Einschätzung aufrütteln“, sagt Silke Lüder. „Wir sollten als Berufsstand alles dafür tun, uns nicht auf juristisches Glatteis zu begeben.“ Darüber hinaus gäbe es bei der ePA in der geplanten Form ein massives Risiko für die Datensicherheit in Kliniken und Praxen. Denn es könnten vom Patienten Dokumente in verschiedensten Dateiformaten eingestellt werden, womit erhebliche Risiken durch eingeschleppte Schadsoftware entstehen. „Niemand kann es verantworten, sein Praxisverwaltungssystem einem solch unkalkulierbaren Risiko auszusetzen, und damit die Sicherheit der Patientendaten und die gesamte Funktionsfähigkeit der Praxis-EDV aufs Spiel zu setzen“, erläutert Lüder. Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft, teilt Lüders Bedenken. „Da hilft dann auch keine Datenschutzfolgeabschätzung mehr“, ergänzt er. Dietrich weiter: „Sollte diese ePA Einzug in die Arztpraxen halten, entsteht die Notwendigkeit zur ‚doppelten Aktenführung‘, weil wir uns auf die ePA alleine überhaupt nicht verlassen können – denn sie ist ja nicht verlässlich und womöglich nicht vollständig“. Deshalb, und bereits aus Dokumentationsgründen, sei die Praxis- oder Klinikeigene Patientenakte stets weiter zu führen. Dietrich betont: „Das wäre ein bürokratischer Gau. Die ePA bringt in der geplanten Form kaum Nutzen für den Patienten – stattdessen doppelte Aktenführung und unkalkulierbare Haftungs- und Datensicherheitsrisiken für Ärzte in Klinik und Praxen. Sie kann damit für Patienten und Ärzte allenfalls freiwillig sein.“ Pressemitteilung vom 04.11.2021 Aussetzen der Telematikinfrastruktur ist klare und dringliche Forderung der Ärztinnen und Ärzte Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) macht nach der missglückten Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) im deutschen Gesundheitswesen klar, dass sich die Ärzteschaft deutlich für eine grundlegende Revision des Projekts ausgesprochen hat. „Die dazu gefassten Beschlüsse des 125. Deutschen Ärztetages vom 1. und 2. November in Berlin sind ein unmissverständliches Signal an die Politik und an die Gematik als Betreiberorganisation der TI. Vor allem Minister Spahn sollte daraus jetzt die richtigen Schlüsse ziehen“, sagte Dietrich am Donnerstag in Essen. Die Delegierten des Ärztetages fordern ein Moratorium für die weitere Einführung der TI in der vorhandenen Form. „Das Projekt ist im Hinblick auf Funktionalität, Stabilität und Praktikabilität unausgereift. Es ist auch hinsichtlich des Nutzens für Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzte sowie der Kosten einer kritischen Überprüfung zu unterziehen“, erklärt Dietrich. Funktionsfähigkeit und Praktikabilität telematischer Anwendungen im Gesundheitswesen müssen vor ihrer Einführung sorgfältig getestet und überprüft werden. „Denn die bisherigen, zum Teil gravierenden Probleme sind wesentlich darauf zurückzuführen, dass auf ausreichende Testungen verzichtet wurde – dies hat Bundesgesundheitsminister Spahn zu verantworten “, ergänzt der Mediziner. Dies betreffe insbesondere die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und das elektronische Rezept (eRezept). Ein weiterer Beschluss der Ärzteschaft fordert, die telematische Vernetzung im Gesundheitswesen generell einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Notwendig sei hier eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Analyse für alle Bereiche des Gesundheitswesens und die einzelnen Anwender mit der Möglichkeit des Opt-outs. „Vernetzung kann Vorteile bieten, beinhaltet aber auch erhebliche und zunehmende Risiken für Anwender, Patientendaten und die Versorgungssicherheit insgesamt. Auch das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) weist auf erhebliche, zunehmende Risiken für vernetzte IT-Systeme in Deutschland hin“, erläutert Dietrich. Diese Risiken betreffen neben Bereichen wie der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft ausdrücklich auch das Gesundheitswesen. Risiken durch Hacking nehmen im Hinblick auf Datenmissbrauch oder Datenverschlüsselung mit dem Zwecke der Erpressung weiter zu. Unabdingbar ist nach Überzeugung der Ärzteschaft auch das Aussetzen von Strafzahlungen gegen Ärztinnen und Ärzte, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind. Dietrich weiter: „Die vierte Coronawelle rollt massiv auf Deutschland mit seinen Bürgern, Arztpraxen und Kliniken zu. Wer jetzt nicht reagiert, und ausreichend Raum für Impfungen und Behandlungen in den Arztpraxen gibt, anstatt Ärzte durch eine unausgereifte Telematik-Technik an ihrer Arbeit zu hindern, verlässt verantwortliches Handeln in der Gesundheitspolitik.“ Den Praxen drohe dann dasselbe wie bereits vielen Intensivstationen: Leistungsschwund durch Ausfall und Ausstieg. Pressemitteilung vom 04.08.21 Ärztliche Schweigepflicht ein Auslaufmodell? – Freie Ärzteschaft kritisiert geplante EU-Verordnung Das EU-Parlament hat eine neue Verordnung beschlossen, die nach Zustimmung des Europäischen Rates gültig werden soll. Mithilfe der sogenannten E-Evidence-Verordnung könnten Staaten dann grenzüberschreitend die Herausgabe von in Clouds gespeicherten personenbezogenen Daten von EU-Bürgern eines anderen Staates anfordern. Für die Freie Ärzteschaft (FÄ) ist das aus Sicht des Grundrechts ein Unding. „Künftig würde nicht mehr eine staatliche Behörde des eigenen Landes entscheiden, ob Daten der eigenen Bürger an einen anderen Staat übermittelt werden, sondern der Internetprovider, ein soziales Netzwerk oder die kleine Hosting-Firma“, sagte FÄ-Vizevorsitzende Dr. Silke Lüder am Mittwoch in Hamburg. Das bedeutet beispielweise: Bei einem in Deutschland durchgeführten legalen Schwangerschaftsabbruch, der in einem anderen EU-Land strafbar ist, kann ein Staatsanwalt dieses Landes auf die internen Daten der Abtreibungsklinik oder -praxis in Deutschland zugreifen. Lüder erläutert, was das generell für die hochsensiblen Patientendaten bedeutet: „Da alle ärztlichen Daten in Deutschland künftig in Form von elektronischen Patientenakten (ePA) bei IT-Firmen in der Cloud gespeichert werden sollen, sind auch sie nicht mehr vor der Ausforschung durch andere Staaten geschützt. Die ärztliche Schweigepflicht ist dann nur noch Makulatur, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung damit ebenfalls.“ Schon 2018 haben die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sowie viele Verbände den Entwurf dieser Verordnung massiv kritisiert. Auch im EU-Parlament gab es zunächst großen Widerstand. „Aber durch ein datenbesessenes Drängen von Mitgliedsstaaten ist jetzt im EU-Parlament eine Mehrheit für dieses Vorhaben entstanden – es wird kaum noch zu stoppen sein“, erläutert die FÄ-Vize. „Das allerdings bestärkt wiederum alle kritischen Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland, ihren Widerstand gegen die Verlagerung aller sensiblen Krankheitsdaten in die Clouds großer IT-Firmen fortzuführen. Dies gilt damit insbesondere für jede ePA“, ergänzt FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. „Aus dem Ministerium von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kommt massiver Druck auf die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, die sich aus Gründen der Schweigepflicht bislang nicht an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen haben“, berichtet der FÄ-Chef. Große Teile der Praxisärzte hätten sich auch nur aufgrund drohender finanzieller Strafen an die TI angeschlossen. Von dem Projekt überzeugt seien sie nicht, ganz im Gegenteil: Sie fürchten eine massive Belastung der Arbeitsabläufe und eine Gefährdung ihrer Praxisdaten. Wieland Dietrich betont: „Die vom Staat geplanten elektronischen Rezepte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Patientenakten sind unsicher, arbeitsintensiv und helfen weder Patienten noch Ärzten. Viele Kolleginnen und Kollegen werden daher weiter die bisherigen Kassenrezepte und AU-Bescheinigungen ausstellen, die ohnehin bei der absehbaren Nichtfunktionalität der neuen Plattformen weiter eingesetzt werden können.“ Von dem mancherorts befürchteten Verlust der Kassenarztzulassung müsse sich angesichts des Ärztemangels gerade in Versorgerpraxen niemand einschüchtern lassen. Über die Freie Ärzteschaft e.V. Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt. |